LOOKIN’ SPECIAL: SUPPORT YOUR LOCALS
Dafür haben wir Frankfurter Unternehmen Fragen gestellt und exklusive Einblicke behind the scenes erhalten.
Wir möchten denen eine Stimme geben, die mit Enthusiasmus das Beste aus der Corona Krise machen, unserer Stadt etwas zurückgeben und für alle Mehrwert schaffen.
Die Interviews sind eine Eigenproduktion der lookin’ Friday und Mainfilm Filmproduktion Frankfurt ohne Sponsoren.
In diesem Artikel erfahren Sie:
- Wie Frankfurter Unternehmen auf die Corona Krise reagiert haben
- Wie sie mit der Situation umgehen
- Vor welchen Schwierigkeiten sie stehen
jazzunique
“Ich glaube da werden wir auch echt was positives mitnehmen in die Zukunft.”
F: Wie hast du Corona in deinem Umfeld erlebt?
F: Was wünschst du für die Zukunft und Inwiefern denkst du wird sich eure Arbeitsweise in der Zukunft verändern?
F: Die Eventbranche hat es natürlich schwer getroffen. Wie geht ihr mit der Situation als Live-Kommunikationsagentur um?
Ich glaube, wie so oft in so einer Krise oder in so einer Situation, ist ausprobieren und machen und sich austauschen die beste Möglichkeit. Was ich tatsächlich total schön finde ist, wie die Branchen zusammenrücken. Man interessiert sich mehr füreinander, man fragt mehr nach, man kümmert sich mehr umeinander; „Wie gehts dir eigentlich, wie gehst du mit der Situation um?“. Wie man zusammenwächst und zusammen an Konzepten entwickelt, wie das funktionieren kann – Ich finde das wunderbar. Ich finde das ist einer dieser positiven Aspekte, wo man sagt „ Ey gegeneinander funktioniert nicht, miteinander sind wir viel viel stärker“.
F: Ihr habt im Juni die Veranstaltung BACK TO LIVE organisiert. Was war das für ein Gefühl endlich wieder ein Event zu veranstalten?
A: Ja das haben nicht wir gemacht, sondern in einem größerem Verbund, mit dem FAMAB, unserem Verband, zusammen und vielen beteiligten Agenturen. Aber das war tatsächlich echt schön. Also BACK TO LIVE 1 hat stattgefunden. Es wurde von dem RIFEL Institut in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Verbänden diese Handlungsempfehlungen für Veranstaltungen während Corona entwickelt, wo es eben darum geht: Wie kann man Veranstaltungen durchführen unter den Hygiene- und Abstandsregelungen, das sind von Einbahnstraßensystemen, von entsprechender Lüftung, Gästeverfolgung, die ganzen wichtigen Themen, die wir irgendwie alle kennen. Das war natürlich sehr theoretisch in diesem Papier und es gab eben diese Idee das einfach mal zum Leben zu erwecken und zu sagen, wenn man diese Handlungsempfehlungen doch hat, dann kann man doch mal eine Veranstaltung machen. Und das war toll. Das war eine echte Veranstaltung.
Und wir haben Kunden eingeladen, die Branche hat sich getroffen, von den ganzen beteiligten Agenturen waren Menschen da. Wir haben zeigen wollen bzw. auch für uns ein bisschen ausprobiert, wie fühlt sich das eigentlich an und wie geht das? Ganz einfache Dinge, wenn ich vor der Bühne sitze und da sind Stühle mit 3,5 m Abstand, sieht das leer aus, fühle ich mich einsam, wie ist das atmosphärisch überhaupt. Und das hat erstaunlich gut funktioniert. Man muss sich mehr Gedanken machen. Man hat mit unterschiedlichen Möbeln gearbeitet, man hat Tische dazwischen gestellt, um eben diesen Platz ein bisschen mehr cozy zu machen. All solche Dinge haben wir ausprobiert. Und auch wie man unterschiedliche Loungebereiche, Sitzbereiche macht, wie funktioniert es, dass das eben safe ist.
F: Welche nachhaltigen Entwicklungen siehst du für Jazzunique?
A: Ich glaube, dass wir in Zukunft, auch wenn Corona vorüber ist, das ein oder andere Meeting weniger in Präsenz machen. Also das wir nicht mal eben nach Hamburg fliegen für ein Rebriefing-Gespräch, sondern schnell in einem Call erledigen. Trotzdem wünsche ich mir, dass wir uns auch gerade beim Neukunden oder bei einem Teammeeting für ein großes Projekt trotzdem noch regelmäßig treffen. Ich glaube sogar der Bedarf an Veranstaltungen kann in vielen Bereichen steigen. Weil wenn ich mich nicht jeden Tag im Büro treffe, sondern das eher anlassbezogen mache und gucke wie bekomme ich eben dieses Teamgefühl, den Teamaustausch hin, dass ich vielleicht sogar eher so strukturierte und organisierte Treffen mit meinen Mitarbeitern mache als vorher.
Ich glaube das verschiebt sich alles ein bisschen und sortiert sich neu und ich glaube am Ende wird es sogar sinnvoller und das finde ich eigentlich irgendwie cool. Also wir können schon sagen, dass am Ende glaube ich Corona, so bitter es gerade ist für uns alle, ich glaube viele positive Nachwirkungen für uns haben wird. Ich glaube nicht daran, dass es danach schlechter wird. Ich glaube danach wird es sogar besser.
#SupportYourLocalAgency
Jesper Götsch gründete 2004 die Agentur Jazzunique. Seither entwickeln und realisieren sie Projekte aus den Bereichen Strategie, Kommunikation, Design, Architektur und Eventmanagement. Von Optimismus getrieben organisierte das Team von Jazzunique gemeinsam mit Partnern aus der Live-Kommunikation die Veranstaltung „BACK TOO LIVE“, bei der sie gezeigt haben, dass es nicht nur möglich ist während Corona Events zu veranstalten, sondern diese auch noch erfolgreich sein können.
Jahrhunderthalle
“Ich habe im Februar gesagt, das wird mit Abstand das Beste Jahr der Vereinsgeschichte.”
F: Wie kam es dazu, dass ihr diese Halle gebaut habt? Was denkt man sich dabei?
A: Die Jahrhunderthalle habe ich nicht gebaut. Die Jahrhunderthalle ist nämlich älter als ich. Sie wurde von der damaligen Höchst AG gebaut, 1963 eröffnet. Da gab es mich noch nicht. Ich bin allerdings schon lange hier im Haus. Ich habe gerade 20 Jahre voll gemacht, am 30. Juni sozusagen.
F: Ärgerst du dich darüber, dass du aufgrund von Corona nun in der Veranstaltungsbranche bist?
A: Also ich ärgere mich natürlich über Corona, aber das ist mein Traumberuf und deswegen ärgere ich mich nicht, dass ich da gelandet bin – um Gottes Willen – weil ich hatte gute Jahre bis dato und das sind jetzt natürlich neue Herausforderungen an uns, aber die gilt es eben zu bewältigen.
F: Wir haben von vielen anderen bereits gehört, dass sie versuchen die Krise zu bewältigen, indem sie kreativ werden, anstatt depressiv. Wie ist das bei euch bisher von statten gegangen?
A: Durch unsere Stagedrive-Kulturbühne hatten wir überhaupt nicht die Zeit uns Sorgen zu machen. Am Anfang gab es natürlich wahnsinnig viel zu tun. Erstmal Veranstaltungen zu verlegen, mit Besuchern umzugehen, die alle wissen wollen, wie gehts weiter, mit Mitarbeitern umzugehen, Kurzarbeit, Finanzierung des Hauses, wie gehts weiter? Parallel kam uns eben die Idee ein Autokino, eine Bühne für Kultur zu machen und das hat uns drei Monate so beschäftigt, dass wir gar keine Zeit hatten über Depressionen nachzudenken, sage ich mal.
Es gab dann allerdings einen Tag im Juni wo es vor unserer Bühne eine Demo der Veranstaltungsbranche gab und ich muss sagen, an dem Abend war ich schon sehr mitgenommen, mental mitgenommen, weil an dem Tag natürlich das ganze Leid der Branche so geballt auf einen eingeprasselt ist und man erstmal gemerkt hat, wie abgelenkt man war von der ganzen Zeit.
F: Viele Leute sind von dem Branchen Sterben betroffen. Hinter den Kulissen der Unterhaltungsindustrie steckt viel mehr, als die Darsteller auf der Bühne - Lichttechniker, die Leute die die Stühle aufstellen usw. Was glaubst du, wie die nächsten Wochen für diese Leute aussehen werden? Was glaubst du was passieren muss - bekommen sie noch zu wenig Aufmerksamkeit?
A: Es ist natürlich schwer abzuwägen zwischen den ganzen Forderungen der verschiedenen Bereiche und natürlich reden wir hier über die Veranstaltungsbranche und wissen wie viele Leute da betroffen sind und wie stark sie betroffen sind. Und dann fragt man sich natürlich ein bisschen, wenn man gesehen hat wer im April sich alles gemeldet hat und Unterstützung wollte. Welche Bereiche der Gesellschaft, wo man sagt “Hallo, ihr dürft ja alle schon wieder” und klar der Virus betrifft alle Bereiche und alle haben ein bisschen weniger, aber die Veranstaltungsbranche ist eine der wenigen, die überhaupt nicht dürfen. Und auch heute, wir sind jetzt hier Anfang Mitte Juli, bis heute nicht Großveranstaltungen durchführen dürfen und das nicht können. Alle anderen dürfen ja wieder. Und die Frage ist, wie lange wird durchgehalten von den verschiedenen Teilnehmern der Branche?
Ich glaube das hat man gar nicht auf dem Schirm. Das ist nicht Bewusst. Ich glaube schon, dass die Situation der Branche, dadurch das es so vielteilig ist, das es viele kleine Unternehmen sind, das es so vielschichtige Bereiche sind, dass die Branche sich schon in der Aufmerksamkeit nach Außen sehr schwer tut.
Und natürlich die breite Masse der Menschen, die in erster Linie den Künstler sieht, wenn sie an Veranstaltungsbranche denkt und sagen “Naja, dann treten die halt mal länger nicht auf, aber die sind ja eh alle Millionäre”. Aber was da alles dran hängt, das ist natürlich eine ganz andere Hausnummer.
Es geht in der Tat nicht um die Leute auf der Bühne, zumindest was die Größenordnung Jahrhunderthalle angeht, die sind alle relativ safe und die halten schon lange durch. Sondern es geht um alle die dahinter, nämlich die Techniker, die Caterer, die Security, Reinigungspersonal, Maskenbildner… da kann man ja ins unendliche gehen. Es gibt für jede kleine Sparte der Industrie einen eigenen Verband, aber es gibt eben nicht ein Dachverband für die verschiedenen Bereiche. Ich mein die Caterer gehören eher zum Bereich Verpflegung, Technik gibt es andere Verbände. Allein bei den Spielstätten gibt es die verschiedensten Verbände für große, kleine, mittlere, die Messeverbände, die Club Vertretung. Das ist eben sehr vielschichtig und das macht vielleicht auch die Vertretung ein bisschen schwierig, auch wenn unsere Branche viel mehr Mitarbeiter hat als die deutsche Lufthansa. Es fällt nicht so auf, weil das alles kleine Unternehmen sind oder Einzel-Selbstständige.
F: Wie haben sich denn die letzten Monate auf dich und deine Mitarbeiter ausgewirkt und inwiefern hast du dich von der Politik unterstützt gefühlt?
A: Die Mitarbeiter der Jahrhunderthalle sind durch das Instrument der Kurzarbeit relativ safe im Vergleich zu vielen vielen anderen. Wir haben als es losging, mitte März, dann natürlich erstmal Arbeiten, die normalerweise in der Sommerpause technisch passieren, Renovierungen und sonst was, haben wir vorgezogen, bevor wir wirklich die Halle ganz heruntergefahren haben. Ich kann mich an eine Situation erinnern, vor eineinhalb Jahren, wir haben jahrelang Mitarbeiter in gewissen Bereichen gesucht und viele wollten Selbstständig unterwegs sein, weil dann natürlich andere Tagessätze zu realisieren sind. Die stehen alle im Moment ein bisschen als Solo-Selbstständige schwieriger dar, als die Festangestellten Mitarbeiter, wo es wirklich das tolle Instrument der Kurzarbeit gibt.
Und da sind wir bei der Politik. Das darf man auch nicht vergessen bei aller Kritik, was Kurzarbeit möglich macht für Unternehmen und auch für die Mitarbeiter natürlich, was das bedeutet. Weil im Rahmen der Stagedrive-Bühne waren eben auch Selbstständige Techniker vor Ort.
Deswegen haben wir das Ganze auch gemacht, um Leuten wirklich aus der Patsche zu helfen. Darüber Hinaus gab es natürlich auch Künstler, Bülent Ceylan ist ein Beispiel, er hat ausgiebigst alle Möglichkeiten genutzt sogenannte Autokino Bühnen zu bespielen in der Republik. Der hat schon gesagt “Das ist total komisch”, aber er hat sich so daran gewöhnt, es macht ihm auch schon riesig Spaß. Warum hat er es gemacht? Er hat es nicht für sich gemacht, er hat es nur gemacht für seine Crew, die mit ihm unterwegs ist, von seinem persönlichen Security Mann über den Lichttechniker, den Tontechniker und die hat er auch alle mitgebracht hier vor Ort, obwohl die im Rahmen der Bühne, obwohl das schon mit Personal bestückt war, aber er gesagt “Ich mache das ganze ja nur damit diese Personen weiterhin Einkommen haben und überleben können”.
F: Wie finanziert sich die Jahrhunderthalle?
A: Sehr interessant ist im Moment mal wieder, dass diese Unterscheidung zwischen der geförderten Kultur und der privaten Kultur den Menschen, also der allgemeinen Bevölkerung gar nicht so bewusst ist. Die gibt es aber in Deutschland und das ist manchmal recht schwierig zu vermitteln. Wir sitzen hier in der Jahrhunderthalle. Die Jahrhunderthalle ist 100% privat. Das ist ja was ganz anderes als bei den städtischen Bühnen, bei Staatstheatern, bei Opernhäusern und so weiter. Das ist nur den meisten Menschen gar nicht bewusst und das kriegt man ja dann auch mit im privaten Umfeld, wenn dann gesagt wird “Warum macht ihr nicht; ist doch gut, dann könnt ihr doch; guckt doch mal im Theater machen sie jetzt auch Vorstellungen mit 35 Leuten.”
Und wo ich natürlich immer ein bisschen schmunzeln muss und sag, das sind unterschiedliche Voraussetzungen, wenn die Finanzierung gewährleistet ist und alles mit öffentlichen Geldern finanziert ist und wenn die Einnahmen eben nur einen kleinen Bruchteil des Budgets ausmachen, also die Eintrittskarten Einnahmen, wären das bei uns natürlich im Endeffekt 100% über Eintrittskarten finanziert, im privaten Kulturbereich. Und das wird immer vergessen auf der anderen Seite machen die Live Musik und die privaten Unternehmungen 70% der Branche aus und das wird immer ein bisschen vergessen und das ist auch ein Punkt der im Moment in der ganzen Diskussion und bei den ganzen Rettungspaketen meines erachtens zu kurz kommt.
#SupportYourLocalStage
Als private Kulturstädte haben sich die Betreiber der Jahrhunderthalle das Ziel gesetzt für jegliche kulturelle Bereiche offen zu sein - und das mit Erfolg. Denn die Jahrhunderthalle in Frankfurt Höchst ist nicht nur wegen der unverkennbaren Kuppel, die den Flair der 60er Jahre widerspiegelt und sowohl aus der Luft als auch von der Autobahn sofort zu entdecken ist, bekannt. Vielmehr ist es das vielfältige Programm, das seit Jahren in den Räumen der Jahrhunderthalle stattfindet, das den Charme der Kulturstädte ausmacht, von Messen, Konzerten, Musicals über ABI-Partys, Flohmärkten bis zu Versammlungen.
Gibson Club
“Künstler haben kein Sprachrohr! Wenn man kein Sprachrohr hat, dann wird man auch nicht gehört.”
F: Wegen Corona können die Menschen nicht einfach so in die Clubs gehen. Was denkst du fehlt den Menschen am meisten durch die Einschränkungen?
A: Ich glaube, das was am meisten fehlt, sind natürlich gemeinsame Momente. Das sind die Dinge, an die wir uns immer erinnern. Wir erinnern uns an schöne Momente und am besten ist natürlich, wenn wir diesen Moment nicht alleine erlebt haben, sondern mit anderen zusammen. Wenn wir das teilen können, auch in Erinnerung teilen können, ist das glaube ich genau das, was den Menschen fehlt. Diese Gemeinsamkeiten.
Wir sind alle in einer Generation groß geworden, wo wir alle keine Kriege kennen. Wir kennen diese Art von Entbehrung nicht. Deswegen ist das für viele eine ganz neue Erfahrung. Das lehrt aber auch ein bisschen, das Ganze wieder wertzuschätzen. Das ist glaube ich das, was es bewirkt am Ende des Tages. Wieder ein bisschen bewusster weg zu gehen. Wieder ein bisschen mehr zu schauen, mit wem man sich trifft, wo man sich trifft und wo man hingeht.
F: Wie hast du es wahrgenommen, dass Corona dich beruflich als auch privat betrifft?
A: Corona hat mich direkt vom ersten Moment an mit voller Wucht erwischt. Ich bin im Februar nach Mexiko, USA, geflogen für ein neues Projekt von mir, ein mexikanisches Restaurant hier in Frankfurt. Mein Chefkoch ist nachgeflogen, um für das neue Restaurantkonzept nachzuforschen. Während der Zeit kam das Thema Corona auch immer mehr in Gesprächen und in den Schlagzeilen auf. Dort war das Thema an sich noch weit weg, aber in Europa wurde es immer akuter.
Direkt nach meiner Landung in Frankfurt hatte ich dann eine Stunde später das erste Krisenmeeting mit meinen Geschäftspartnern. 3 Tage später haben wir dann den Club geschlossen. Das hat unmittelbar den Erholungseffekt zu Nichte gemacht.
Ich weiß gar nicht mehr, wie Mexiko war, weil ich seitdem nur noch im Krisenmodus bin. Alle meine Unternehmungen sind auf 0 heruntergefahren worden.
Ich musste mich seitdem um Dinge kümmern von denen ich nie dachte, dass ich mich um sie kümmern muss. Kurzarbeit ist das eine. Davon hat kaum einer in der Gastronomie jemals Gebrauch gemacht und jetzt fast die ganze Branche. Corona hat daher mit voller Wucht ins Berufliche eingeschlagen. Das überschattet natürlich alles Private.
F: Die Angestellten trifft es natürlich ganz hart. In welcher Situation befinden sich denn gerade deine Angestellten?
A: Meine Angestellten sind in Kurzarbeit. Das heißt sie bekommen 60% ihres Nettogehalts als Lohn monatlich vom Land ausgezahlt. In der Realität ist es aber natürlich viel weniger, als sie sonst hatten, da sie üblicherweise eine Menge Trinkgeld verdienen. Wir können also davon ausgehen, dass es um die 50%, also die Hälfte des alten Nettoeinkommens sind. Wir haben da als Arbeitgeber aufgestockt, weil wir die Mitarbeiter in dieser Zeit unterstützen wollen.
Wir wissen aber auch ganz genau, dass die Situation jetzt für viele ein Grund sein wird, ihre eigene Karriere noch einmal zu überdenken. Wir haben sehr viele junge Mitarbeiter, die noch andere Möglichkeiten wie ein Studium oder eine Ausbildung haben. Jetzt ist eine Phase, in der jeder noch einmal überlegt, ob das sein Ziel ist. Wir werden uns wahrscheinlich von vielen Mitarbeitern verabschieden müssen.
Das sehe ich jetzt aber gar nicht als negative Auswirkung der Corona Krise. Ich glaube das ist etwas positives, dass sich Menschen weiterentwickeln. Die, die dann bleiben, sind diejenigen, die sich bewusst für diesen Job entschieden haben und umso engagierter arbeiten werden, wenn es wieder losgeht.
F: Wie hat die Corona Krise deinen Arbeitsalltag verändert?
A: Die Arbeit ist nicht weniger geworden. Sie hat sich nur anders verlagert, aber am Ende des Tages ist mein Arbeitstag immer noch voll. Es sind mittlerweile nur viele administrative Aufgaben und weitere Projekte in der Planung außerhalb von Gibson. Das mexikanische Restaurant ist dabei nur eines davon. Langweilig wird mir nie.
Es ist aber wirklich so, dass es deutlich schwieriger ist, sich zu motivieren. Man braucht für viele Dinge einfach viel länger, als es vorher der Fall war. Es ist wirklich so: man hat gute Tage, man hat schlechte Tage. Das wechselt sich fast ab. Es geht fast allen Kollegen so. Wenn man nicht weiß, für welches Ziel man arbeitet oder wann es wieder losgeht, fällt es doppelt schwer, darauf hinzuarbeiten.
Wir planen aktuell auch, den Club ein bisschen umzugestalten, um einen Plan B in der Tasche zu haben für den Fall, dass es eben nicht so weitergeht wie vorher. Das wissen wir alle nicht. Keiner weiß: kommt eine zweite Welle? Kommt keine zweite Welle? Was passiert im Herbst? Da sind so viele Eventualitäten. Ich bin dann auf einmal so, dass ich sage: Es gibt einen Plan A, Plan B, Plan C. Die Arbeit wird nicht weniger.
F: Wie siehst du die nachhaltige Entwicklungen deines Betriebs bzw. der Branche, um die Corona Krise zu überstehen?
A: Wir haben jetzt erst einmal einen Horizont von einem Jahr. Wenn bis dahin der Club nicht auf hat, dann müssen wir uns wirklich Gedanken machen, was mit dem Nachtleben in Deutschland passiert. Uns geht es da noch ganz gut. Ich sehe viele andere Clubs, denen geht es wesentlich schlechter. Die haben kaum Chancen zu überleben – auch Gastronomie. Da ist jetzt auch egal, was in der nächsten Zeit passiert, wir werden einfach mit Sicherheit viele Betriebe haben, die schließen müssen in den nächsten Monaten. Wir sind noch der glücklichen Lage, dass es bei uns weitergeht. Wir wissen aber ganz genau, dass das nicht endlos so geht. Wir können auch nicht unsere Mitarbeiter endlos in dieser Form unterstützen.
F: Wie sieht es aus bei den Künstlern? Müsste die Politik noch näher hinhören, um noch besser dran zu sein?
A: Künstler hat es ganz hart erwischt. Die meisten sind ja nicht nur in Clubs unterwegs, sondern auch unter der Woche auf Firmenveranstaltungen, Messen, Hochzeiten, etc. Das wird erst einmal alles wegfallen.
Wir schimpfen immer auf die Lobbyarbeit, aber Lobbyarbeit ist ganz, ganz wichtig. Das sehe ich jetzt auch gerade, weil die Regierungsvertreter und die einzelnen Gremien, die hören schon auf die Verbände. Nicht in der Form, dass sie hörig sind, aber dass sie zuhören. Es ist immer Aufgabe eines Verbandes, das Ganze zu filtern, ein bisschen mit zu strukturieren und zu sagen: “Das hilft der Branche, das sollte man tun”.
Bei den Künstlern gibt es keine Lobby. Das ist dann eben auch das Thema. Das sind alles Einzelkünstler. Der eine macht das, der andere macht das. Es ist wahnsinnig schwer, das in einen Topf zu kriegen. Die haben kein Sprachrohr! Wenn man kein Sprachrohr hat, dann wird man auch nicht gehört.
Das ist jetzt auch gar nicht mal böse gemeint von Politikern, sondern ist einfach nur so, wie es funktioniert. Damit fallen sie einfach hinten runter und dann denkt der Staat, dass er mit Soforthilfemaßnahmen auch die Künstler und die Solo Selbstständigen, wie es so schön heißt, abdeckt. Er merkt hinterher, dass das vielleicht nicht so gewirkt hat, wie man es gerne gehabt hätte. Das ist aber genau das Thema, was wir momentan haben. Viele fallen aus dem Raster raus. Das System schützt nicht jeden und daraus muss man seine Lehren ziehen.
F: Gemäß dem Motto #geMainsam: Wie kann die Gemeinschaft deine Branche unterstützen?
A: Das Lebensgefühl dieser Stadt ist sehr stark geprägt von der Gastronomie. Wenn wir das wieder haben wollen, wenn wir diese Kleinteiligkeit auch wieder haben wollen, wenn wir diese Vielfalt haben wollen, dann braucht es die aktive Unterstützung der Gemeinschaft. Ansonsten werden wir hier in zwei, drei, vier Jahren nur noch Ketten haben, die deutlich einfacher solche Szenarien überleben können und sich deutlich einfacher Kapital am Kapitalmarkt besorgen können. Die sind natürlich den Vermietern oftmals lieber, als der kleine individuelle Laden. Dementsprechend braucht es wirklich hier einen Schulterschluss von allen Parteien in der Stadt.
Das ist glaube ich auch wieder eine Erkenntnis aus dieser ganzen Corona Krise: dass dieser lokale Gedanke einfach wieder einen ganz neuen Aspekt erhält und wichtiger wird; dass man wirklich lokale Themen definiert, die einem wichtig sind als Gemeinschaft; dass man wieder mehr aus der Gemeinschaft heraus leistet, kauft, bestellt, konsumiert und alles nicht immer nur nach dem günstigsten Preis entscheidet.
Das ist glaube ich eine ganz wichtige Erkenntnis, dass wir wirklich sagen: “Wie können wir hier die lokale Gemeinschaft stärken und wie kann das Ganze nach Corona funktionieren?”
#SupportYourLocalclub
Madjid Djamegari ist geschäftsführender Gesellschafter der Gibson GmbH & Co. KG. Diese betreibt den Gibson Club, seit 2012 einer der bekanntesten Clubs der Stadt Frankfurt nahe der Hauptwache. Früher waren dort Kinos, die dann ab 2008 in den heute beliebten Club umgebaut wurden. Der moderne Live Entertainment Club zeichnet sich u.a. durch seinen sehr hohen anspruch an Service und Unterhaltung.
Der Unternehmer ist bekannt in der Eventbranche, unter anderem auch als Geschäftsführer der Lucille GmbH, die mit Fokus auf brand experience Veranstaltungen plant und durchführt. Als Clubbetreiber ist er 1999 mit dem Club King Kamehameha bekannt geworden, der diverse Auszeichnungen wie die Zugehörigkeit zu den “World’s Finest Clubs” gewonnen hat.
FFMLY
“Organisiert euch lokal!”
F: Warum gehen Menschen in Clubs und Bars?
MM: Das ist eine sehr komplexe Frage!
JA: Ja, das ist eine gute Frage. Also Corona hat es definitiv gezeigt, das Social Life.
MD: Wir alle haben den Drang, uns auszudrücken und auszutauschen – natürlich auch den Hang, Menschen zu umarmen, was wir zur Zeit natürlich lassen sollten. Dennoch haben wir alle den Drang, außerhalb unseres täglichen Umfelds mit Menschen zusammenzukommen, um Erfahrungen auszutauschen, zu lernen, zu kommunizieren, ….
JA: … auch zu schauen, wo man vielleicht in der Gesellschaft steht, sich inspirieren zu lassen. Das sind alles Dinge, die wegen Corona weggefallen sind, weil sie das nicht hatten. Sie haben dann auch wieder Wege gefunden. Das ist das spannende an solchen Phasen. Der Mensch findet immer seinen Weg.
Das ganze hat eben in digitaler Form stattgefunden, Zoom ist durch die Decke gegangen. Man hat aber auch gemerkt, dass der Mensch die Wärme und Emotionalität braucht, die im nahen Austausch entsteht und die eine digitale Plattform nicht geben kann.
MM: Zu Menschen – Schwerpunkt Club – muss man sagen, dass das nicht die 60 Jährigen sind, die da reingehen, sondern da ist die jüngere Generation unterwegs. Für sie ist das eine ganz wichtige soziale Ebene.
Man sieht ja auch wie verzweifelt versucht wird, Auswege zu finden. Letztes Beispiel dazu war aktuell Berlin mit den Schlauchbooten. Das ist leider ein bisschen in die Hose gegangen. Das hat aber gezeigt, was für ein riesen Bedarf da ist und wie das Coronavirus in dem Bereich auch den Leuten zu schaffen macht.
F: Was ist FFMLY und wie ist die Plattform entstanden?
JA: Wir haben vor knapp über 3 Jahren die Initiative Gastronomie ins Leben gerufen. Das ist ein Verbund von stilbildenden Gastronomen aus Frankfurt. Vor der Krise waren wir bei knapp 80 Mitgliedsbetrieben. Dann kam aufeinmal das Coronavirus und hat uns wie eine Tsunami Welle überrascht. In dem Prozess hat sich diese Initiative unglaublich gut bewährt und es hat sich sehr viel Solidarität daraus entwickelt.
Wir haben dann geschaut: “Was können wir eigentlich noch machen, um den Mitgliedsbetrieben der Initiative Gastronomie zu helfen.” Wir haben unterschiedliche Konzepte, unterschiedliche Unternehmer, unterschiedliche Firmierungen. Einige kommen besser durch die Krise, einige weniger gut. Daraus ist die Idee der Frankfurt Family entstanden.
MD: Die Frankfurt Family ist geboren worden direkt im Nachgang der Corona Krise. Das war die erste Idee, die wir im Kreis der Gastronomen hatten. Wir müssen etwas machen. Wir müssen etwas bewegen. Wir müssen uns zusammenschließen. Wir müssen uns vor allem gegenseitig helfen.
Dann gab es eine Vision von etwas, das eine Plattform sein sollte. Wir hatten noch keinen Namen oder eine wirkliche Idee dafür und dann haben wir uns mit Stephan Scheler von der Agentur Herz zusammengeschlossen.
Er hat das Ganze ein bisschen gefiltert, weil Gastronomen manchmal ein bisschen chaotisch sind und hat das auf die wesentlichen Inhalte heruntergebrochen. So ist eben FFMLY oder Frankfurt Family entstanden.
JA: Teil der Frankfurt Family sind einmal wir mit der IMA Clique, der Madjid Djamegari vom Gibson Club, Matthias Martinsohn vom Blauen Wasser, Goran Petreski vom VaiVai, der Stipe von lookin’ Friday und Stephan Scheler von Das Herz.
Inzwischen ist das Projekt immer mehr gewachsen und der Fokus liegt gar nicht mehr so auf dem Fundraising. Das ist immer noch ein Teil davon. Da wir aber die Projekte während der Corona Zeit auch als Post-Corona Konzepte denken, ist diese Plattform inzwischen ein Fenster in die Stadt Frankfurt. Sie dient als Dialog Tool und sie soll Bewusstsein schaffen. Inzwischen auch nicht mehr nur für die Gastronomiebranche, sondern auch für die Unterhaltungsbranche. Die hat es fast noch härter getroffen hat als uns.
F: Welche Vorteile oder Mehrwerte bietet FFMLY?
MD: Wenn man das ganze in 2-3 Sätzen sagt, dann fällt das wirklich schwer, weil so viele Dinge passieren. Das wichtigste ist aber wie gesagt der Zusammenhalt innerhalb der Branche. Es ist eine komplett ehrenamtliche Nummer, die wir machen. Das Ziel ist eine Plattform zu schaffen, die langfristig das Aushängeschild der Frankfurter Gastronomie werden woll.
MM: Wenn wir von Mehrwerten sprechen, dann hatten wir von Anfang an die Vision, dass wir nicht nur rein Spenden einsammeln wollen. Da haben wir nichts dagegen, aber wir haben gesagt, wir müssen auch einen Gegenwert schaffen abgesehen von der Unterhaltung. Wir stellen natürlich jetzt Musik ganz unterschiedlicher Repertoire Bereiche unseren Kunden zur Verfügung, die nicht in Clubs ausgehen können, und bringen es so zu ihnen nach Hause. Das ist der eine Bereich.
JA: Es wird Online Talk Shows geben mit verschiedenen Playern aus dieser Stadt, auch um die verschiedenen Perspektiven zu zeigen und darüber zu reden, wie wir Dinge besser machen und wie wir uns gegenseitig helfen können. Es gibt einen Online Shop mit Merchandising von T-Shirts, Caps bis Hoodies.
MM: Wir haben auch bei unseren Lieferanten, beispielsweise im Weinbereich, Mehrwert geschaffen. Wir haben mit dem Herrn Bauer und Leitz 2 FFMLY Weine an den Start gebracht, die in unserer Gastronomie verkauft werden. Ein Teil der Erlöse fließen auch in den Spendentopf. Wir haben sehr hochwertige und hochkarätige Produkte, die zum sehr fairen Preis verkauft werden. Die kann man auch in unserem Webshop auf der FFMLY Seite erwerben. Das ist ein wirklich gutes Produkt, ich habe es selbst schon getestet.
JA: Es gibt Auktionen – sehr spannend auch – da kann man eventuell den Stuhl aus seinem Lieblingsrestaurant ersteigern oder ein handsigniertes T-Shirt von Sven Väth oder eine Kappe von Moses Pelham aus seiner privaten Sammlung. Wir versuchen hier wirklich die Power der Stadt zusammenzubringen, das Ganze sehr spannend aufzuziehen und Anreize zu liefern, auch Gelder einfließen zu lassen.
F: Ihr habt als Bewegung gegen das Land Hessen im Fall der 5 m² Regel geklagt, die besagt, dass sich pro 5 Quadratmeter nur ein Gast aufhalten darf. Wie kam es dazu?
JA: Die Gründe für die Umsetzung der 5m² Regel in Hessen verstehe ich bis heute nicht. Vor allem auch nur in Hessen, aber es war halt so. Die Frankfurt Family hat sich da in der Position gesehen, dagegen vorzugehen, weil wir eben repräsentativ für die Gastro- und Unterhaltungsbranche sein wollen. Wir haben uns dann entschieden, eine Klage beim Verfassungsgericht einzureichen, …
MM: … auch weil im Regierungspräsidium keiner auf Fragen geantwortet hat. Keiner hat uns eine Erklärung gegeben, was natürlich das mindeste ist, wenn man eine derartige Verordnung erlässt. Vielleicht gibt es da noch weitere Hintergründe. “Das ist besonders gefährlich” oder “Wir haben einen weiteren Stufenplan vor”, aber einfach so eine Verordnung in den Raum zu stellen ohne sie zu erklären mit den Auswirkungen?
Da haben wir entschieden, dass Gordon Petreski stellvertretend für die IG Gastro da klagt. Dann kamen uns auch zum Teil lokale Stadtpolitiker zur Hilfe, der Stadtrat Frank hat es mit unterstützt. Auch Peter Feldmann als Oberbürgermeister Frankfurts hat gesagt, dass er die Regelung auch für sinnbefreit hält.
Wir haben das berühmte “Sendung mit der Maus” Video gemacht, um das mal ganz einfach zu erklären, weil die Abläufe in der Gastronomie nicht jedem klar sind. Das hat dazu geführt, dass die Landesregierung diese Regelung wieder gekippt und zurückgenommen hat bevor es ausgeurteilt worden ist. Sie haben sich schon gedacht, dass das von den Verwaltungsgerichten kassiert wird.
F: Was hat euch euer Engagement gezeigt und welchen Tipp könnt ihr anderen Unternehmen auch in anderen Städten geben?
MD: Ich denke, wir haben gezeigt, dass wir auch politisch etwas bewirken können – lokalpolitisch und auch landespolitisch. Wobei ich das lokalpolitische wirklich in den Vordergrund stellen möchte. Wir haben gezeigt, dass wir seriöse Ansprechpartner sind für die Lokalpolitik.
Das ist auch mein Tipp an alle anderen Städte und an alle anderen, die sich Gedanken darüber machen. Organisiert euch lokal! Das ist erst einmal das wichtigste, dass ihr euch mit den lokalen Personen und der lokalen Gemeinschaft austauscht und verständigt, Ansprechpartner seid und eine Lösung findet.
Wir haben die Aktion der leeren Stühle gemacht in Frankfurt. Das war nicht unsere Idee, sondern das kam aus Dresden.
JA: Wir haben knapp 1000 Stühle aufgestellt. Ich glaube, wir haben in Frankfurt knapp 2 ½ Tausend Gastronomien, das haben wir das nicht ganz hinbekommen, aber die 1.000 Stühle sollten repräsentativ für alle Gastronomien hier in Frankfurt stehen. Gleichzeitig ist es in 75 anderen Städten, wenn mich nicht alles täuscht, in Deutschland platziert worden und hat unglaublich großen Anklang bei der Presse, über Social Media, bei unseren Gästen und den Leuten die das gesehen haben, gefunden.
Da wurde den Leuten relativ schnell klar, was dieser Shutdown für uns bedeutet. Die Gastronomie ist eine der Branchen, die mit als erstes rein und mit als letztes aus dieser Krise herausgehen wird.
F: Ihr hattet vorher die Langfristigkeit des Projektes erwähnt. Warum ist euch das wichtig und was sind nachhaltig auch die größten Lerneffekte dieses Projekts? Habt ihr Wünsche und Aufforderungen, die ihr der Gesellschaft gerne mitteilen möchtet?
MM: Mittlerweile haben wir festgestellt, dass das jetzt keine Krisen Plattform ist. Das ist nicht die Corona Plattform, die nach der Krise wieder verschwindet. Grundsätzlich, wenn man von positiven Effekten dieser Corona Krise sprechen kann, dann ist es natürlich die enge Zusammenarbeit in der Solidarität, die sich daraus entwickelnden Konzepte und Kreativität. Man weiß, solidarisch zueinander zu stehen ist auf alle Fälle der bessere Weg. Da ist die Gemeinsamkeit in allen Bereichen hilfreich. Die Plattform hat auch zukünftig große Chancen.
Ich glaube, die Frankfurter Gastronomie in ihrer Bandbreite ist gut beraten, eine derartige Plattform zu haben, um sich selbst zu präsentieren.
JA: Damit diese ganze Corona Krise nicht sinnlos war und wir einfach so danach weitermachen wie wir davor gelebt haben, würde ich die Leute dazu aufrufen, diese Zeit zu nutzen um zu reflektieren. Sich mal darüber Gedanken zu machen, was wir wirklich brauchen und was uns wichtig ist.
Ich glaube wir haben gelernt, was Verzicht bedeutet. Wenn wir verzichten, merken wir, dass wir gar nicht so viel brauchen um glücklich zu sein und dass wir vielleicht am Ende des Tages sogar mit weniger manchmal glücklich sind.
Vielleicht auch, sich lokal mehr zu engagieren und für seine Stadt, für sein Dorf, für seine Kommune mehr zu machen. In seinem Mikrokosmos Dinge zu bewegen. Wir kennen ja die Theorie des Schmetterlings. Ein Mensch alleine wird die Welt zwar nicht verändern, aber wir zusammen schon. Man sollte dahingehend auch in seinem Mikrokosmos anfangen. Das wäre mir sehr wichtig, das wäre wirklich wünschenswert und sehr erstrebenswert.
MM: In unserer Branche und auch mit FFMLY kann ich nur dazu aufrufen: guckt euch die Page an und nehmt daran teil. Die Infos, die da kommen, sind interessant. Es gibt einen tiefen Einblick, wie wir arbeiten wie die neue Situation ist. Jeder ist willkommen da mitzuwirken und gesamtgesellschaftlich glaube ich, müssen wir uns auf einen längeren Tanz einstellen. Da muss man schön locker bleiben meine ich und die schönen Ansätze, die man jetzt schon gefunden hat, weiterführen: Solidarität ist besser als gegeneinander.
Die Politik ist gut beraten, bevor sie irgendwie etwas erlässt, vielleicht mal Rücksprache zu halten und die Experten in den Fachgebieten an den Tisch zu holen. Sind sie dazu bereit, dann glaube ich, performen wir noch besser, als wir es jetzt schon tun.
MD: Wir können jede Unterstützung gebrauchen. Wir haben alle möglichen Künstler, Institutionen und Firmen, die alle gesagt haben: “Wir unterstützen euch, wo wir können”. Wir hoffen, dass wir wirklich ein breites Publikum für unsere Ideen und Inhalte begeistern können und dass wir Entertainment bieten. Daher bitte unterstützt uns und seid dabei! FFMLY!
#SupportYourLocals
Frankfurt Family (FFMLY) ist eine direkte Antwort der IGF auf die Corona Krise, um betroffene Gastronomiebetriebe und Arbeitende der Kreativbranche zu unterstützen. Die Schirrmherrschaft des Projekts wird übernommen von Markus Frank, dem Wirtschaftsdezernenten der Stadt Frankfurt.
James Ardinast ist zusammen mit seinem Bruder David Ardinast Gesellschafter der IMA Clique. Diese Unternehmensgruppe fasst die Bar Shuka, die Shuka Bar, das Café Bomba, das Stanley Diamond und weitere Ventures der beiden “culinary entrepreneurs” zusammen, die sich durch multidimensionale Konzepte und viel Kreativität charakterisieren lassen. IMA ist hebräisch für “Mutter” und betont die herzliche, gastfreundliche und menschennahe Philosophie der Brüder und ihrer Konzepte.
Matthias Martinsohn ist Betreiber der Destino Tapas Bar in Frankfurt und ist zusammen mit Goran Petreski und Rakesh Bhatnagar Partner im Blauen Wasser. Letzteres ist ein Beach Club direkt am Mainufer, welches von einem FKK-Club mit Animier Betrieb in ein einladendes und gemütliches Gastronomiekonzept umgewandelt wurde.
Madjid Djamegari ist geschäftsführender Gesellschafter der Gibson GmbH & Co. KG. Diese betreibt den Gibson Club, einer der bekanntesten Clubs der Stadt Frankfurt nahe der Hauptwache. Der Unternehmer ist bekannt in der Eventbranche, unter anderem auch als Geschäftsführer der Lucille GmbH, die mit Fokus auf brand experience Veranstaltungen plant und durchführt.
Theaterhaus Frankfurt
“Ohne die Künstler gibt es kein Theater,
ohne das Publikum gibt es kein Theater.”
F: Wann haben Sie das erste mal gemerkt, dass Corona auch das Theaterhaus treffen wird? Wodurch hat sich das Coronavirus das erste Mal real angefühlt?
A: Wenn sich so eine Epidemie ausbreitet, verfolgen wir die Nachrichten als Veranstalter ganz genau um herauszufinden, welche Auswirkungen das für uns hat.
Corona ging genau dann los, als das Festival “Starke Stücke” hier eröffnet werden sollte. Das ist eines der größten Festivals für Kinder- und Jugendtheater in Deutschland. Wir waren uns noch Stunden vor Beginn unsicher, ob wir überhaupt spielen können.
Am Tag der Eröffnung kam dann der Shutdown und wir konnten das ganze Festival inklusive der Begleitprogramme nicht mehr zeigen.
Darüber hinaus wurde den Schulen der Besuch außerschulische Veranstaltungen bis zum Sommer untersagt. Im Wesentlichen kann daher der Betrieb erst im September wieder aufgenommen werden.
F: Wie hat die Corona Krise das Theaterhaus getroffen?
A: Ohne die Künstler gibt es kein Theater, ohne das Publikum gibt es kein Theater. Das ist das erste, das ganz deutlich passiert ist.
Theater lebt vom Spannungsverhältnis zwischen Publikum und Bühne. Das können wir nicht einfach digitalisieren und auf eine Internetplattform stellen. Diese Unmöglichkeit der Digitalisierung eines Theaters weist darauf hin, dass wir immer Menschen brauchen. Wir können uns nicht beschleunigen und wir brauchen auch keine Roboter auf der Bühne. Das funktioniert nicht mit Theater.
Es schützt uns auch vor der Entwicklung, dass alles digitalisiert wird. Die alten Texte müssen immer noch erzählt werden und Menschen müssen immer noch zuhören.
Manchmal vergisst man das im Laufe eines Betriebs, weil man so viel zu tun hat. Dann realisiert man, dass kein Publikum da ist und keine Schauspieler da sind. Es braucht uns dann hier nicht mehr.
F: Ich finde das auch sehr schön, dass sie die Sprache, die ein Ausdruck der Menschlichkeit ist, bewahren. Wie ist das denn mit Kindern oder Jugendlichen? Wie wird im Theaterhaus mit Sprache gearbeitet?
A: Wir legen sehr viel Wert auf Sprache. Wenn wir für Kinder ab 2 Jahren, die unsere kleinsten Zuschauer sind, bewegt sich das eher im vorsprachlichen Bereich, obwohl Sprache vorkommt. Je größer die Kinder werden, umso mehr literarische Sprache kommt dann dazu.
Das heißt nicht unbedingt Klassiker! Die spielen wir auch, aber wir haben viele zeitgenössische und moderne Stücke im Programm, von denen wir auch Erst- und Uraufführungen machen. Wenn wir aber mit Kindern arbeiten, dann nehmen wir natürlich auch alte Texte und bereiten die auf. Zum Beispiel verarbeiten wir die Odyssee nach Homer, die erstmals 1781 von Johann Heinrich Voß ins Deutsche übersetzt wurde. Die Sprache ist jedoch sehr kraftvoll und bildreich, sodass wir sie mit der modernen Alltagssprache nicht einholen können. Wenn wir das mit den Kindern erarbeiten und modern übersetzen, ist das für Kinder ein toller Zugang zu den Geschichten und Mythologien.
F: Wie hat die Krise die Schauspieler in dem Kontext getroffen?
A: Für die Schauspieler ist die Situation natürlich katastrophal! Denn als Theaterhaus hat mein Ensemble Gastspiele bis zum Sommer gehabt, die eine Größenordnung von 60.000€ hatten. Das sind Einnahmeverluste die sie jetzt haben, weil die Gastspiele alle ausfallen.
Die anderen, Theaterpädagogen oder Erzähler zum Beispiel, sind in derselben Situation. Sie haben oft mehrere Einkommensquellen. Sie sind beim Einlass an der Oper tätig, machen Workshops bei “Starke Stücke” oder sie organisieren eine Erzählzeit für Kinder in den Schulen. Diese Einnahmequellen brechen auf einmal komplett weg.
Bisher ist nicht absehbar, dass der Staat in dieser Situation den Künstlern tatsächlich effektiv hilft, um diese Nebeneinnahmen, die jetzt fehlen, auszugleichen.
F: Wie geht das Theaterhaus mit dieser Ausnahmesituation um, auch um den Künstlern zu helfen?
A: Ich rufe meine Leute zusammen, wir sitzen hier auf der Bühne mit dem nötigen Abstand und diskutieren die Fragen:
“Wie gehen wir damit um? Was machen wir hier im Betrieb, wenn es keine Vorstellungen gibt, damit wir etwas zu tun haben?”
Wir alle merken in dieser Zeit, in der wir uns nicht begegnen können, dass diese Begegnungen uns ungeheuer fehlen. Die Kultur ist nicht nur Ausdruck unseres Lebensgefühls und die Auseinandersetzung mit diesem, sondern immer auch Begegnungen. Das heißt soziale Interaktionen.
Deshalb wird nach der Corona Krise unser Theater überlaufen. Das kann ich jetzt schon sagen. Wir werden uns vor Anfragen nach Vorstellungen gar nicht retten können. Da bin ich sehr zuversichtlich.
Wir tauschen uns aber auch aus, wie es uns geht und wie wir uns in dieser Situation fühlen.
F: Diese Krise kann auch innovative Ideen hervorbringen. Wenn ich das richtig gelesen habe, digitalisiert ihr jetzt eure Erzählungen. Wie seid ihr darauf gekommen?
A: Das war einer unserer Erzähler. Er hat gesagt: “Ich kann zu Hause mein Handy nehmen, etwas aufnehmen und den Kindern schicken. Dann haben sie etwas zu Hause.”
Diese Idee haben wir aufgegriffen und gesagt, dass wir das gleich professionell machen. Unsere Filmemacher haben das Theaterhaus in ein Filmstudio verwandelt. Jeder einzelne Erzähler kommt dann zu uns, setzt sich auf das Sofa und erzählt ein Märchen in aller Ausführlichkeit.
Wir stellen das dann auf Youtube, damit die Kinder das angucken können. Gleichzeitig haben wir alle von dieser Aktion unterrichtet – Erzieherinnen, Lehrer, Eltern, die Stadt Frankfurt. Das Bildungsdezernat hat das dann an alle Kindereinrichtungen geschickt.
Wenn alle den Kanal angucken, dann ist das gut für alle Seiten. Für uns, weil wir etwas zu tun haben, und für die Kinder, weil sie etwas angucken können.
Wir haben dafür auch schon gute Rückmeldungen bekommen. Die Kinder, die sich das bisher angeguckt haben, waren alle sehr angetan davon. Wir haben schon die ersten Hörspiele und die ersten Bilder von den Kindern zurückbekommen.
Insgesamt haben wir bis jetzt 5.000 Zugriffe auf unseren Kanal und das ist mehr, als wir erwartet haben. Das ist sehr schön.
Der Kanal heißt “ErzählZeit Frankfurt”. Das kann man einfach auf Youtube eingeben. Wir haben heute noch Videos gedreht, die man da bald auf dem Kanal finden kann.
F: Das Theaterhaus ist also für Kindern, die zu Hause bleiben müssen, da. Was denken Sie, was die Beschränkungen der Corona Pandemie für Auswirkungen auf Kinder und ihre Familien hat?
A: Ich weiß es nicht, was das für Auswirkungen hat. Wir waren es in unserer Familie sowieso gewohnt zu lesen und unsere Hörspiele selber zu machen.
Wir hören, dass die Kinder aggressiver werden und häusliche Gewalt zunimmt. Das ist sehr bedenklich, dass viele mit ihrer Zeit nichts anzufangen wissen und es nicht gewohnt sind, selbst kreativ zu werden. Selbst Dinge zu tun. Selbst Dinge in die Hand zu nehmen.
Die Kinder brauchen gerade in solchen Situationen Unterstützung. Sie brauchen den Zugang zu Schulen. Nicht nur den Unterricht, sondern eben auch die Erzählzeit. Sie merken so, dass sie noch für uns da sind und dass wir sie nicht vergessen haben. Ich kann dann in einen Dialog mit ihnen treten.
F: Wenn Sie sagen, dass die häusliche Gewalt zunimmt: Wie kann das Theaterhaus den Kindern, die dieser Gewalt ausgesetzt sind, neben der Erzählzeit noch unterstützen?
A: Ich glaube das erste, was wir machen können, ist es mit ihnen in Kontakt zu bleiben, damit sie sich nicht von uns verlassen fühlen. Wenn wir bei ihnen zu Hause sind und Märchen erzählen, können sie darauf reagieren. Das ist eine Möglichkeit der indirekten Interaktion.
Sie können von uns zu Hause erzählen. Wir bekommen auch die Rückmeldung, dass genau das passiert. Die Kinder erzählen von dem, was wir in den Schule machen und das wir Märchen erzählen. Wir haben jetzt beispielsweise schon eine wunderbare Erzählung vom “Süßen Brei” bekommen. Die Kinder können auch Bilder malen. Das ist wichtig für uns, den Kindern das mit an die Hand zu geben, dass überhaupt Handlungsmöglichkeiten für sie da sind.
Damit kommen wir auch ein bisschen weg von dem Digitalen und dem Internet und zum direkten Spielen. Beispielsweise der große Klassiker “Mensch ärger dich nicht”: Man würfelt, hat Glück und gewinnt und man ärgert sich, wenn man verliert.
Spielen ist das richtige, was man jetzt tun sollte. Jetzt ist die Familie zusammen und macht etwas zusammen. Das Kind hat die gleiche Chance wie ich. Es hat dadurch die Möglichkeit, mich in einem Spiel zu besiegen und mir so gleichgestellt zu sein. Es kann das Glück haben und mit mir teilen. Das ist eigentlich das, was wir jetzt brauchen.
Deswegen wollen wir mit dem Theaterhaus eine Messe für Familien machen, auf der wir alte Spiele lernen. So können wieder die Familien zusammen kommen und herausfinden, welche Spiele sie zusammen spielen können.
Es ist häufig so, dass die Kinder an ihren Geräten sitzen und dort virtuelle Spiele spielen. Diese machen die Kinder aber einsam und kommunikationslos. Das ist sogar messbar! Kanadische Neurologen haben erforscht, dass durch zu vieles Spielen messbare Gehirn Reaktionen in den Bereichen der Sprache und der Empathie substantiell abnehmen. Das muss uns zu denken geben!
In so einer Zeit ist das also die Gelegenheit, um miteinander zu reden und zu spielen. Wir haben doch Zeit. Dann lasst uns das doch jetzt machen!
#SupportYourLocalTheater
Das Lichter Filmfest Frankfurt wird geleitet von Johanna Süss und Gregor Maria Schubert.
Das Festival ist ein Ergebnis der lokalen Filmszene und findet seit 2008 jedes Jahr für sechs Tage zwischen März und April statt. Die Zuschauer werden dabei nicht nur in unterschiedlichen Kinos in Frankfurt unterhalten, sondern es wird auch ein Diskurs bezogen auf aktuelle gesellschaftspolitische Themen durch beispielsweise Talks und Panels angeregt.
Das Programm des Lichter Filmfests setzt sich dabei aus internationalen und regionalen Filmproduktionen zusammen. Besonders regionale Filmemacher bekommen eine Bühne durch einen Wettbewerb des beliebtesten Kurz- bzw. Langfilms, den das Publikum durch Abstimmung im Internet wählen kann.
Lichter Filmfest Frankfurt International
“Jetzt sind wir das erste deutsche Filmfestival, das online stattfindet.”
F: Wie läuft das Lichter Filmfest ab?
A: Im Grunde eröffnet das Festival einmal im Jahr dienstags mit einer feierlichen Eröffnung, wo wir 500 bis 600 Leute einladen. Dann wird in unterschiedlichen Kinos in der Stadt Kino gezeigt. Die Darstellungen werden umrahmt von Talks, Panels, Musik und teilweise Performances.
Wir ziehen eigentlich pro Jahr eine Zuschauergruppe von 12.000 Zuschauern an, die dann eine schöne Zeit erleben und aus über 100 Filmen und 140 Kurzfilmen ihr individuelles Programm auswählen können.
F: Wie sieht es dieses Jahr aus?
A: Dieses Jahr wurden wir vom Coronavirus überrascht. Anfang März war klar, dass wir nicht damit rechnen können, die Kinosäle füllen zu dürfen. Wir haben uns dann nach einer kleinen Schockstarre zusammengesetzt und überlegt: Wie kann man das machen? Wie kann man verhindern, dass die Arbeit der letzten acht Monate sich in Luft auflöst?
Jetzt sind wir das erste deutsche Filmfestival, das online stattfindet.
F: Was heißt das, ein Filmfestival online stattfinden zu lassen?
A: Wir haben nicht alle Filme bekommen. Wir haben dennoch eine sehr gute Auswahl an Filmen, die wir den Zuschauern über ein PoV-Verfahren bereitstellen können, ähnlich wie bei Amazon Prime.
PoV bedeutet, dass man virtuell einen Film mieten und zu Hause innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens angucken kann.
Dazu gibt es ein Filmprogramm, das wir zu unserem Jahresthema bereitstellen.
Zusätzlich gibt es auch den Wettbewerb. Da geht es um Kurz- und Langfilme der Region, für die es einen Publikumspreis und die Auszeichnung für den besten Kurz- und Langfilm gibt. Das ist ganz witzig, weil das Publikum über das Internet abstimmt, welcher Film der Beste ist. Die Jury hingegen sieht die Filme separat zu Hause, bespricht sich und kürt dann die Gewinner aus den Kategorien.
Wir wollen auch das Publikum mit uns in Echtzeit zusammenführen, also Talks im Live Streaming anbieten oder eine virtuelle Festival Party feiern.
Die Erlaubnis bzw. die Lizenzen für das Zeigen der Filme im Internet zu bekommen war ein Riesenproblem. Dafür gibt es eigentlich auch keine Strukturen oder keine richtige Lösung. Das sind immer Einzelabsprachen gewesen.
Wir wollen mit dem Kinoticket, das acht Euro kostet, nicht nur die Verleiher bezahlen. Wir möchten ein Drittel der Erlöse aus dem Ticketverkauf an die Kinos geben, die eigentlich unsere Filme gezeigt hätten. Sie haben das nötig.
F: Was war deine erste Reaktion, als dir bewusst wurde, was Corona für dein Unternehmen bedeutet?
A: Die erste Reaktion war schon relativ viel Angst. Vor allem, weil wir nicht genau wussten: Wie können wir bisherige Leistungen bezahlen? Was bedeutet das für das Unternehmen?
Das kann man tatsächlich noch gar nicht abschätzen, weil dieses Filmfestival ein Teil des Unternehmens ist. Es gibt zusätzlich diverse Veranstaltungen im Sommer und Spätsommer, die Open Air stattfinden sollen. Wenn wir die nicht in der ursprünglich kalkulierten und geplanten Form durchführen können, dann wird es noch ein bisschen edgy.
F: Was glaubst du, wie wird das Coronavirus die Filmindustrie verändern?
A: Was sich schon verändert hat und aktuell sich noch verändert, ist: Die Kinos sind geschlossen. Die haben beispielsweise im Vergleich zu kleineren Unternehmen das Riesenproblem, dass die Mieten deutlich teurer sind und dass sie, wenn der Betrieb ein oder zwei Monate ausgesetzt wird, schon am Rand der Pleite sind.
Auf der anderen Seite ist die Filmbranche an sich, insbesondere kleine Filmemacher und Produktionsfirmen. Da ist es gar nicht so einfach, einen für jetzt geplanten Dreh ins nächste Jahr zu verschieben ohne dabei sehr viel Geld zu verlieren. Das bedroht diese Branche natürlich sehr und es bedroht vor allem die kleineren.
Es ist natürlich klar, dass Hollywood aus dieser Krise ganz gut rauskommen wird. Aber vielleicht nicht der Dokumentarfilmer um die Ecke. Gerade hier im Rhein-Main Gebiet ist es schwierig, gute Ton- und Bildtechniker zu bekommen.
Letztendlich kann der gesamte mittelständische Filmbetrieb neben den Kinos pleite gehen. Das sind leider genau die Leute, die für gutes Kino stehen.
F: Wie war die Kommunikation mit der Politik zu dem Lichter Filmfest? Welche Herausforderungen gab es?
A: Erstmal sind ja alle Leute dieser ungewöhnlichen Situation ausgesetzt und man darf der Politik nicht übelnehmen, dass sie sich um die schwersten Themen zuerst kümmert.
Als das Virus in Hessen ankam, hatten wir ein Problem. Wir wussten, dass uns das betreffen würde, aber es gab wenig Vorgaben vom Land, wie man damit umgeht und wie lange das sein wird.
Wir haben ja auch einen öffentlichen Auftrag und da wir Ende April starten wollten war uns lange unklar, ob wir das wirklich machen sollen. Wir wussten auch nicht, ob wir unseren Auftrag damit verletzen, wenn wir umplanen.
Das war für uns aber tatsächlich schwierig, weil wir lange ohne Antworten waren. Sollen wir das jetzt durchziehen? Was machen wir mit dem Geld, das wir noch nicht auf dem Konto haben? Was eigentlich jetzt kommen würde, wird das zurückgehalten?
Wir hatten diesbezüglich jedoch das Glück, dass wir eine Kommunikation mit dem Land etablieren konnten. Wir arbeiten ja generell mit dem Land zusammen, eben weil wir einen öffentlichen Auftrag haben.
Ich glaube, weil wir uns sehr früh damit auseinandersetzen konnten, ist uns das auch ganz gut gelungen.
#SupportYourLocalFestival
Das Lichter Filmfest Frankfurt wird geleitet von Johanna Süss und Gregor Maria Schubert.
Das Festival ist ein Ergebnis der lokalen Filmszene und findet seit 2008 jedes Jahr für sechs Tage zwischen März und April statt. Die Zuschauer werden dabei nicht nur in unterschiedlichen Kinos in Frankfurt unterhalten, sondern es wird auch ein Diskurs bezogen auf aktuelle gesellschaftspolitische Themen durch beispielsweise Talks und Panels angeregt.
Das Programm des Lichter Filmfests setzt sich dabei aus internationalen und regionalen Filmproduktionen zusammen. Besonders regionale Filmemacher bekommen eine Bühne durch einen Wettbewerb des beliebtesten Kurz- bzw. Langfilms, den das Publikum durch Abstimmung im Internet wählen kann.
Margarete Restaurant
“Das ist so easy wie Spaghetti kochen”
F: Kannst du die Gedanken beschreiben, die du durch Corona bezüglich deines Lebens hast? Beruflich, als auch privat?
A: Also privat ist für mich Corona ein totaler Einschnitt. Zum Beispiel sehe ich gerade meine Familie nicht, weil ich sehr viel mit Leuten zu tun habe. Wir haben entschieden, dass ich erst einmal für ein paar Wochen, nicht zu Hause wohne. Das ist schon krass.
Das erste mal so richtig im Bewusstsein, auch was die wahrscheinlichen Folgen angeht, war so vor zwei, zweieinhalb Wochen. Ich kann mich nicht mehr genau an den Tag erinnern, weil sich seitdem das Zeitgefühl komplett verändert hat. Es ist jetzt Corona und man hat keine Wochentage mehr.
Es fühlt sich so an, als wäre das vor vier Monaten gewesen. Aber wenn man auf den Kalender schaut, dann ist es zweieinhalb Wochen her. Da ist uns blitzartig klar geworden: das wird eine längere Geschichte und etwas Nachhaltiges. Das wird sehr wahrscheinlich auch das gesamte Konsumverhalten verändern.
Dieses Bewusstsein war schon erstmal ein Schock. Auch zu verstehen, dass der hedonistische Lebensstil, den wir hier bedienen, sich deutlich ändern wird. Unsere Kultur hier in der Margarete ist, dass das Glas immer halb voll ist. Wir haben direkt angefangen uns zu überlegen, was für Chancen die Situation vielleicht mitbringt.
F: Was war deine erste Reaktion, als dir bewusst wurde, was Corona für dein Unternehmen bedeutet?
A: Das ist erstmal ein totaler Schock gewesen. Man hat ein Restaurant ohne Gäste! Wir haben zum Beispiel die Entscheidung zwei Tage vorher getroffenen zu zu machen bevor wir mussten. Einfach um es selber in der Hand zu haben. Um nicht so ferngesteuert unterwegs zu sein und selber dem Team sagen zu können: “Hier, wir treffen jetzt eine Entscheidung. Wir machen jetzt die Schotten dicht!”
F: Inwiefern hat sich dein Arbeitsalltag verändert? Welche neuen Wege hast du gefunden, die Probleme deiner Kunden zu lösen?
A: Wenn man davon reden kann, dass man es jetzt richtig positiv nimmt, ist das Gute daran, dass jeder für sich gerade herausrausfinden kann, was er auf dem Kasten hat und wie flexibel wir sind. Zu sagen: “Okay, wir müssen unser Geschäftsmodell ändern, wir müssen was Neues überlegen. Wie gehen wir jetzt in dieses Internet?”
Wir digitalisieren ein Restaurant und versuchen, so nah wie möglich heran zu kommen und unser Erlebnis zu den Leuten nach Hause zu bringen. Wir haben uns überlegt wie wir das schaffen die gute Zeit, die die Leute hier haben, und die Atmosphäre so gut wie es geht in einen Karton zu packen und zu unseren Kunden zu liefern. Zu unseren Gästen.
F: Beschreibe den Weg, den du gefunden hast, deinen Service trotz Corona erbringen zu können? Wie kamst du auf diese Idee?
A: Da waren natürlich diverse Sachen nötig. Auf einmal sitzt man da und merkt: “Ah krass: Musik. Ok, alles klar!” Dann haben wir eine 27 Stunden Spotify Playlist zusammengebaut, die wir den Leuten als Link dazu geben. Man sitzt dann zu Hause, kann sein Bistro Buffet aufbauen und die Musik hören, die auch in der Margarete läuft. Das einfach dieses Gefühl da ist und man sich heimelig fühlen kann. Auf einmal wird das Wohnzimmer zu einem Mini-Margarete.
F: Erklär uns deine Geschäftsidee ab dem ersten Impuls!
A: Also der erste Impuls ist, ich habe Hunger, gehe auf unsere Homepage und suche mir heraus, worauf ich Lust habe. Es gibt verschiedene Themen, wie auch hier in der Margarete. Es gibt einen Bistro Bereich. Da gibt es eher einfache Gerichte, wie eine Bistro Box und die Dinner Box. Es gibt auch Restaurant Gerichte, die ein bisschen anspruchsvoller sind als Bistro Gerichte, wie sonst hier in der Margarete auch.
Dann rufen wir jeden persönlich an. Das ist unser Hauptthema, dass wir sagen: “Hey, das Internet ist nicht so persönlich, aber wir nehmen’s persönlich. Wir rufen jeden an.” Wenn ich bei uns bestelle, dann klingelt irgendwann in den nächsten Stunden das Telefon und ich rede mit jemandem hier vom Team. Dann wird geklärt, wann geliefert wird.
Die Kiste kommt dann bei mir zu Hause an und es gibt eine coole Erklärung was ich zu tun habe und wie es geht. Am Ende des Tages wird jeder unserer Gäste zu einem kleinen Hobbykoch, der ein Erfolgserlebnis hat. Auch weil ich mit wenigen Handgriffen etwas zu essen aus unseren vorbereiteten Speisen zaubern kann. Man fühlt dann trotzdem ein bisschen dieses: “Hey, ich habe jetzt etwas gekocht und angerichtet.” Ich glaube, das kommt ganz gut an. Wir haben ein Verfahren entwickelt, wie man das am einfachsten hinbekommt. Das ist tatsächlich so easy wie Spaghetti kochen!
Zum Beispiel unsere Lammhaxe: die kommt in einem Beutel, man tut sie ins Wasserbad, wartet 15 Minuten und schiebt sie in den Ofen. Dann hat man eine supercoole, leckere Lammhaxe ohne irgendwelche Zusatzstoffe. Eben genau wie hier im Restaurant, nur dass wir es statt auf einen Teller in Beutel tun.
F: Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema für euch, erzähl uns ein bisschen was dazu.
A: Für uns ist das Thema Nachhaltigkeit in doppelter Hinsicht spannend. Zum einen geht es natürlich um die Produkte an sich. Natürlich ist es schöner und sinnvoller, Kartoffeln aus der Wetterau zu haben, als aus Südspanien. Und da kümmern wir uns schon seit eh und je viel darum, unsere Lieferantenbeziehungen zu pflegen und immer neue Menschen zu entdecken, die gute Sachen produzieren. Wir stürzen uns darauf und kaufen sehr nachhaltig ein. Aber nachhaltig an der Geschichte ist eben auch, dass die jetzt alle da sind und dass sich Beziehungen entwickeln, die halten.
F: Fühlt man sich etwas alleine gelassen in der Krise und hast du das Gefühl das gerade jeder für sich alleine Kämpft?
A: Wir kämpfen überhaupt nicht alleine. Wir haben eher das Gefühl, dass wir alle gerade spüren, dass man den ein oder anderen Gedanken unserer Gesellschaft noch einmal überarbeiten sollte. Was sich schon immer gut angefühlt hat, wird verstärkt. Das, was sich schon immer komisch angefühlt hat, wird irgendwie auch verstärkt. Das ist schon ganz interessant.
Ich finde es zum Beispiel gerade nicht so angenehm im Rewe einkaufen zu gehen. Da ist so eine merkwürdige Stimmung. Aber auf dem Wochenmarkt zum Beispiel ist eine super Stimmung. Vielleicht macht es das klar: “Hey, einfach immer auf den Wochenmarkt gehen. Nicht nur fürs Gewissen und für das Event, sondern zum Einkaufen.”
Prioritäten richtig setzen und sagen: “Okay, wir geben in Deutschland mit am wenigsten für Nahrung aus.” Das ist vielleicht jetzt eine spannende Frage, ob man Autos oder Geld essen kann? Eher nicht.
F: Hast du noch Wünsche, die du gerne äußern würdest z.B. an die Politik?
A: Ich glaube ein berechtigter und guter Wunsch ist ein Schritt mehr Klarheit. Das ist ein bisschen schade, weil es einem als Unternehmer mehr Vertrauen geben würde, wenn es klare Ansagen gibt.
Zum Beispiel dieses ganze Thema ‘Jetzt ist hier zu’. Gastronomie ist nicht mehr, Friseur auch nicht und Fitnessstudio auch nicht. Die IHK hat jede Adresse. Einfach eine E-mail an alle schreiben: “Übrigens: ab Montag müsst ihr zu haben.” Stattdessen hat man diese Information aus den Tagesthemen oder aus der Presse.
Da finde ich, es wäre ganz gut gewesen, wenn die Stadtpolitik eine klare Kante gezeigt hätte. Dass sie nicht von heute auf morgen eine Lösung parat hat, ist logisch. Da ist ein gigantischer Druck. Aber ich glaube, dass Kommunikation auf jeden Fall etwas ist, woran man arbeiten sollte!
#SupportYourLocalRestaurant
Das Margarete Restaurant Frankfurt wird geleitet von Simon Horn, Raffaela Schöbel und Heiko Lucht.
Der Gastronomiebetrieb befindet sich im Zentrum Frankfurts und ist bekannt für eine anspruchsvolle lokal-traditionelle und internationale Küche. Privat- und Geschäftskunden können dort zu jeder Tageszeit bestellen.
Das Unternehmen steht für Transparenz und Nachhaltigkeit. So können Gäste die Zubereitung durch eine Küche im Restaurant direkt nachverfolgen, die Lieferkette ist nachvollziehbar und die Leiter pflegen Bindungen zu regionalen und kleinen Unternehmen.
Coole Idee und mal wirklich etwas anderes als die üblichen Beiträge zum Corna Thema.